Sozialdemokraten in Zeuthen – Geschichte des Ortsvereins der SPD Zeuthen

Sozialdemokraten gibt es in Zeuthen seit mindestens 100 Jahren, erst als Mitglieder im Eichwalder SPD-Wahlverein seit 1903 mit 78 Mitgliedern, später dann ab 1912 als SPD-Wahlverein in Zeuthen, der zusammen mit Miersdorf 1913 bereits 72 Mitglieder hatte.

Sozialdemokratisch gewählt wurde in Zeuthen und Miersdorf bei Reichstagswahlen 1893 mit 35%, 1898 mit 26,7%, 1903 mit 44,6%, 1912 mit 57,4%. Bereits 1893 hatte der Gastwirt Fritz Zubeil aus Adlershof für die SPD den Reichstags-Wahlkreis Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg gewonnen und  ihn  bis 1918 behalten.

In Zeuthen beteiligten sich die Genossen erstmals im März 1906 mit einem offiziellen Kandidaten (Paul Feiertag, Instrumentenbauer und Hausbesitzer) an der Gemeindewahl, der 52 Stimmen erhielt, der bürgerliche Kandidat aber 58. 1909 gab es in Miersdorf August Schulz in der Gemeindevertretung.

Ab 1920 waren in der 9 Mitglieder zählenden Zeuthener Gemeindevertretung 2 Sozialdemokraten vertreten: der Instrumentenbauer Paul Feiertag, Zeuthen, Kurfürstenstraße 43 und der Schriftsetzer Theodor Heusmann.

Bei der Wahl zur Gemeindevertretung 1924 fehlten der sozialdemokratischen Liste 11 Stimmen für einen zweiten Vertreter, so dass nur der Instrumentenmacher Feiertag in der Gemeindevertretung verblieb, während „dadurch Herr Schriftsetzer Heusmann aus der Gemeindevertretung ausscheidet, in der er jahrelang in bester und ersprießlichster Weise sich betätigt hat.“ (Königswusterhausener Zeitung). Paul Feiertag kandidierte 1925 auch für den Kreistag des Landkreises Teltow.

Bei der Reichstagswahl im Mai 1928 (Königswusterhausener Zeitung 22.05.1928) haben die Sozialdemokraten in Zeuthen mit 424 Stimmen = 30,8% den ersten Platz vor den Deutschnationalen mit 290 Stimmen = 21,1% und den Kommunisten mit 212 Stimmen = 15,4% errungen, in Miersdorf haben ebenfalls die Sozialdemokraten mit 218 Stimmen = 31,3% den ersten Platz vor den Kommunisten mit 168 Stimmen = 24,1% und den Deutschnationalen mit 134 Stimmen = 19,3% erzielt. Die Nationalsozialisten erhielten in Zeuthen 10 Stimmen = 0,7% und in Miersdorf 16 Stimmen = 2,3%.

Zur Vorbereitung der Kommunalwahlen am 2. Dezember 1928 fand im September eine Wahlversammlung der zu Miersdorf gehörenden Kolonie Heideberg im Gesellschaftshaus Zeuthen statt, auf der „Siedler Thormeier“ als Vertreter der SPD auftrat. (Königswusterhausener Zeitung 25.09.1928)

Nach der Kommunalwahl findet man in Berichten aus Sitzungen der Gemeindevertretung Zeuthen den GV Schulze (wahrscheinlich Karl Schulze, Zimmerer) mit Anträgen zur Errichtung einer Badeanstalt am Siegertplatz (Süd-Ost Zeitung 08.12.1928), zur Schaffung einer Volksbücherei und öffentlichen Lesehalle, für eine Weihnachtshilfe für Erwerbslose in Höhe von 20 Mark für Verheiratete, 10 Mark für Unverheiratete und 5 Mark für jedes Kind. Für die Weihnachtshilfe machte der Vorsitzende den Vorschlag, 1000 Mark zu bewilligen, die Bedürftigkeit durch eine Kommission prüfen zu lassen und dass der GV Schulze dieser Kommission angehören solle. ( Königswusterhausener Zeitung 02.12.1928?)
Am 06.10.1932 hat die sozialdemokratische Fraktion mit Herrn Walter Dormeyer und Herrn Karl Schulze einen Antrag in die Gemeindevertretung eingebracht, „allen schulpflichtigen Kindern von Zeuthener Erwerblosen ist kostenlos ein Frühstück zu verabreichen, bestehend aus: ¼ l Milch oder Kakao oder Kakaomilch und 2 belegte Brötchen“. (Kreisarchiv Königs Wusterhausen Gemeinde Zeuthen Schulspeisung 1932)

Nach der Machtergreifung der Nazis waren für den 12. März 1933 Kommunalwahlen vorgesehen. Ein Schreiben des Ortsgruppenleiters der NSDAP Zeuthens, Herr Heinz Weckmann, an den Amtsvorsteher Scheer vom 25.02.1933 ist bezeichnend: “Ich nehme an, dass Sie es für Ihre selbstverständliche Pflicht halten, am Sonnabend, dem 4. März 1933, jegliche Kundgebung der SPD und KPD in Ihrem Amtsbereich zu unterbinden. Ich nehme auf den Erlass des Reichskommissars G ö r i n g Bezug und erbitte Ihre schriftliche Bestätigung.“ (aus Kreisarchiv Königs Wusterhausen Onr /16 Polizeiliche Überwachung 1932-1934). Schließlich findet man in der Königswusterhausener Zeitung vom 08.03.1933 eine Bekanntmachung der Gemeinde Zeuthen für die Neuwahl der Gemeindevertretung am 12. März 1933 unter „Wahlvorschlag 2.
Kennwort: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

1. Dormeyer, Walter, Angestellter
2. Schulze, Karl, Zimmerer
3. Heusmann, Theodor, Schriftsetzer
4. Rosenberg, Wilhelm, Schlosser
5. Niendorf, Hildegard, Hausfrau
6. Feiertag, Paul, Instrumentenmacher
7. Marx, Alfred, Angestellter
8. Roestell, Arnold, Maschinenbauer
9. Wüst, Gustav, Gewerkschaftsangestellter
10. Schulz, Emil, Tischler

Vorsitzender des SPD-Wahlvereins Zeuthen war 1933 Gustav Wüst, Friesenstraße 1, der Kassierer und Vorgänger als Vorsitzender war Arnold Röstel, (geboren am 24.07.1899 in Berlin), Seestraße 51.
In der Nacht vor der Wahl, am 12.03.1933 gegen 0 Uhr 20, wurde bei Arnold Röstel von Polizeihauptwachtmeister Gohlke und Polizeiwachtmeister Guhl in Beisein vom NSDAP-Ortsgruppenleiter Weckmann und NSDAP-Schriftwart Goltermann auf Anordnung des Amtsvorstehers eine Durchsuchung vorgenommen. Beschlagnahmt wurden: 1 Pistole mit 13 Schuss Munition, 1 Revolver mit 5 Schuss Munition, 49 Flugblätter, 1 Broschüre „Die vom Hakenkreuz Hitler und Konsorten“ und diverse weitere Druckschriften.

Arnold Röstel wurde um 1 Uhr 30 in Schutzhaft genommen und in die Arrestzelle im Rathaus gebracht. Bei Gustav Wüst wurde vom gleichen Personenkreis um 2 Uhr 15 eine Durchsuchung vorgenommen, bei der diverse Nummern „Sozialdemokratische Parteikorrespondenz“ und eine Broschüre „Ein steiniger Weg“ beschlagnahmt wurden. Eine Verhaftung fand aber nicht statt. Arnold Röstel legte gegen die Schutzhaft und die Verweigerung des Wahlrechts sofort schriftlich an den Amtsvorsteher Beschwerde ein. Auf Anweisung wurde ihm das Wahlrecht untersagt, Hafterleichterung aber eingeräumt, er bekam Zigaretten und wurde von seiner Frau beköstigt.

Kreisoberinspektor Lüdecke wurde am 12.03.1933 von der Inhaftierung Röstels Kenntnis gegeben, er erklärte, „dass auf Grund des vorgefundenen Druckschriftenmaterials und der Waffe (wo blieb die 2.?), ein Grund zur Verhängung der polizeilichen Schutzhaft nicht gegeben ist. Röstel ist hiernach zu entlassen. Die Entscheidung darüber, ob nach den gegebenen Umständen Röstel zu entlassen ist, hat der Amtsvorsteher zu treffen.“
Am 12.03.1933 bescheinigt ein Arzt (Dr. Lentz?) die Haftfähigkeit A. Röstels für die Nacht vom 12. zum 13.03.1933. Am 13.03. ½ 2 Uhr erkundigte sich Kreisoberinspektor Lüdecke nach dem Fall Röstel und fragte nach der Stellungnahme des Ortsgruppenleiters Weckmann für den Fall der Entlassung Röstels und bittet ihn, dass er die Mitglieder der NSDAP veranlasst, den Inhaftierten nicht zu belästigen. Herr Weckmann erklärte, „er könne nicht die Garantie übernehmen, dass Röstel nicht trotzdem seine Prügel bekommt“ und „er selbst hält im Interesse des Inhaftierten die weitere Schutzhaft auf 2-3 Tage für angemessen.“

Am Mittag des 14. März hat der Landrat angeordnet, dass Oberlandjägermeister Martin (Eichwalde) Röstel sogleich zu entlassen habe.
Herr Martin schlug vor, Röstel zu eröffnen, Zeuthen sofort zu verlassen und wenigstens acht Tage Aufenthalt bei Verwandten in Berlin zu nehmen. Um 16 Uhr nahm Arnold Röstel die erwähnte Bedingung an, erhielt persönliche Sachen zurück und wurde freigelassen.

Am 15.03.1933 legte Gustav Wüst mit Schreiben an den Unterbezirk Teltow-Beeskow der SPD, Berlin, Lindestraße 3, den Vorsitz des Wahlvereins Zeuthen der SPD sofort nieder und glaubte auch, dass der Kassierer (Arnold Röstel) sein Amt niederlegen würde. Gustav Wüst teilt handschriftlich dem Amtsvorsteher Herrn Scheer seine Amtsniederlegung mit und legt eine Abschrift seines Briefes an den Unterbezirk bei.

Bis 1945 waren die Zeuthener Sozialdemokraten dann im Untergrund, darunter auch Paul Schulz, Forstweg 49. Am 22. April 1946 war dann in der sowjetischen Besatzungszone mit der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD zur SED ein eigenständiges SPD-Leben nicht mehr möglich.

Erst in der friedlichen Revolution 1989 war eine Neugründung der SPD als SDP in Schwante nicht verhinderbar und in Zeuthen fand am 3. Januar 1990 die Gründungsversammlung im Gemeindesaal an der Martin-Luther-Kirche statt. Frank Freimann, Hans-Peter Paprozki, Günter Warme, Manfred Bähr, Reiner Stoll, Karl-Ludwig Böttcher und Horst Uelze gehören zu den Gründungsmitgliedern.

Erster Ortsvereinsvorsitzender nach der Wende war Hans-Peter Paprozki, seit Juni 1990 bis 2014 ist Horst Uelze Vorsitzender des Ortsvereins. Die Mitgliederzahl wuchs anfangs rasch. Heute sind wir 57 und freuen uns über jeden, der mitarbeiten will! Bei der Kommunalwahl im Mai 1990 erhielt die SPD mit 37,7% die meisten Stimmen, bildete mit der CDU eine Koalition und stellte mit Karl-Ludwig Böttcher den Bürgermeister.

Erst als kooptierte Mitglieder, dann immer wieder gewählt, vertraten Manfred Bähr und Günter Warme die SPD im Kreistag bis 2003. Seit 2003 ist Anne Böttcher für die Zeuthener Sozialdemokraten im Kreistag.

Neben den wichtigen Infrastrukturaufgaben Trinkwasser-, Erdgas- und Telefonversorgung hatte sich die Zeuthener SPD die Lösung des Schulproblems zur Hauptaufgabe gemacht. Unter Mitarbeit vieler Ortsvereinsmitglieder wurde die Realisierung des Projektes “Grundschule am Wald” ermöglicht und mit dem gemeinsamen 1. Spatenstich von Bildungsminister Resch und Bürgermeister Böttcher im Januar 1994 auf den Weg gebracht. Mit der Wahl im Dezember 1993 ging leider die Mehrheit in der Gemeindevertretung und das Bürgermeisteramt für die SPD verloren.

1998 wurde die SPD in Zeuthen wieder stärkste Partei mit 6 Mandaten (von 18) und bildete mit Bündnis 90/ Die Grünen eine gemeinsame Fraktion mit sieben Mitgliedern.

Bei der Wahl zur Gemeindevertretung 2003 errang die SPD 4 Sitze und war mit Wolfgang Laute, Evelin Huck, Jens Lehmann und Anne Böttcher darin vertreten.

2008 errangen die Zeuthener Sozialdemokraten 6 Mandate in der Gemeindevertretung: Beate Burgschweiger, Anne Böttcher, Jörgen Hassler, Evelin Huck, Jens Lehmann und Peter Wille bilden die SPD-Fraktion. Anne Böttcher ist wie 2003 wieder in den Kreistag Dahme-Spreewald gewählt worden.

Am 27. September 2009 wurde Beate Burgschweiger mit 59,6% zur Bürgermeisterin von Zeuthen gewählt.

Einige Traditionen hat der Ortsverein seit 1990 begründet:

  • Mit den Genossen der SPD Gevelsberg verbinden uns von Anfang an herzliche Bande.
  • Seit 1991 führt die SPD jährlich erst am 1. Juni, danach immer am 1. Mai ein Kinderfest durch, das von Gewerbetreibenden und Mitgliedern finanziell unterstützt und von vielen Mitgliedern und deren Angehörigen ausgerichtet wird.
  • Von Juni 1992 an lädt die SPD Zeuthener Gewerbetreibende, interessierte Bürger oder Vertreter Zeuthener Vereine zu politischen Stammtischen ein, seither haben 61 Stammtische und 7 Bürgerforen stattgefunden.
  • In den ersten 90er Jahren publizierten wir zusammen mit den Sozialdemokraten Eichwaldes, Schulzendorfs und Wildaus eine vierteljährlich erscheinende Zeitung “Dahmetal-Bote”, die durch Anzeigen finanziert war. Inserentenmangel führte schließlich zur Einstellung dieser Zeitung.
  • Im Januar 1999 wurde der Ortsvereinsbeschluss gefasst, etwa vierteljährlich ein Informationsblatt der SPD Zeuthen als “Zeuthener Brennglas” aus eigenen Mitteln herauszugeben. Seit März 1999 sind bis Dezember 2010 35 Ausgaben mit einer Auflage von anfangs 2.700 Stück bis jetzt 4.300 Stück von 26 Ortsvereinsmitgliedern in alle Haushalte Zeuthens verteilt worden. Kommunale Themen sind beherrschend, aber auch Landes- und Bundespolitik kommt zu Wort.
  • Seit Dezember 2010 hat der Ortsverein eine eigene Internetseite www.spd-zeuthen.de

Tradition haben bei uns auch ein Sommerfest, einige Male gemeinsam mit den Eichwaldern und Schulzendorfern, und schließlich ein festlicher Abend mit Angehörigen und Freunden im Dezember jeden Jahres.

Horst Uelze

Auszug aus Artikel von Reinhard Wenzel: Goebbels Auftritt im Bahnhofshotel – 1927 sprach der spätere NS-Propaganda-Minister in Königs-Wusterhausen: Hätte man wissen können, was kommt?

Wie alles anfing: Zum 100. Geburtstag der SPD-Zeuthen

Die Zeuthener SPD feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Durchaus ein Grund zum Feiern. Am 17. Juni wurde das Jubiläum ausgiebig im Rahmen einer Dampferfahrt auf der Dahme gefeiert. Dazu gibt es allen Grund: Der Ortsverein ist mit rund 60 Mitgliedern der größte in der SPD Dahme-Spreewald. Seit 2009 stellt die SPD mit Beate Burgschweiger wieder das Gemeindeoberhaupt in dem schönen Ort. Mit Horst Uelze hat die Zeuthener SPD einen Vorsitzenden, der seit nunmehr 22 Jahren alles zusammenhält. Eine rekordverdächtige Amtszeit.

Solch ein Jubiläum bietet Anlass, einen Blick zurück zu den Anfängen zu werfen. Das Jahr 1912 war geprägt von der spannungsreichen Atmosphäre vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Die SPD hatte seit Ende des Sozialistengesetzes einen rasanten Aufstieg genommen. Mit 970 000 Mitgliedern war sie nicht nur stärkste Partei, mit 110 Reichstagsmandaten stellte sie 1912 auch erstmals die stärkste Fraktion im Parlament. Die Vorsitzenden hießen August Bebel und Hugo Haase.

Informationen über die Anfänge der Zeuthener SPD erhält man in den Jahresberichten des Zentralvorstands des Sozialdemokratischen Wahlvereins für Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg. Der Zentralvorstand orientierte sich also nicht wie heute der Unterbezirk am Landkreis, sondern am Reichstagswahlkreis. Von den 30 000 SPD-Mitgliedern des Wahlkreises lebten übrigens etwa die Hälfte in der Neuköllner Altstadt, ein großer Teil in den Städten Schöneberg, Wilmersdorf und Charlottenburg. Die Region zwischen Eichwalde, Krausnick und Beeskow hatte nicht sonderlich viel Einfluss.

Aus den Annalen des Wahlvereins geht hervor, dass Zeuthen und Miersdorf wie auch Schmöckwitz zunächst zum Wahlverein Eichwalde gehörten. Von diesem wurde der Wahlverein Zeuthen (später Zeuthen-Miersdorf) später abgespalten. Von den 113 Mitgliedern, die im SPD-Wahlverein Eichwalde 1912 gab, fanden sich ein Jahr später 57 im Wahlverein Eichwalde, 51 in Zeuthen wieder. Bis 1915 ging die Mitgliederzahl in Zeuthen-Miersdorf auf 40 zurück. Das mag auch mit dem Kriegsbeginn zusammengehangen haben. 17 Mitglieder wurden als eingezogen registriert.
Unter den ersten Zeuthener SPD-Mitgliedern waren sechs Frauen. Ihre Zahl stagnierte in den ersten Jahren. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass Frauen erst seit 1907 Mitglied einer Partei werden und erst ab 1919 an Wahlen teilnehmen durften.

Leider ist heute unbekannt, wer der erste Vorsitzende der SPD in Zeuthen war.

(Anm. Horst Uelze:   Es war Paul Feiertag, der am 02.07.1912 zum Vorsitzenden gewählt wurde)

Seit 1906 beteiligte sich die Partei an den Gemeinderatswahlen. Das war nicht so einfach, vor allem wegen des Dreiklassenwahlrechts, das die SPD-Anhänger – also die Arbeiter – benachteiligte. So wurde mit August Schulz 1909 erstmals in Miersdorf ein Sozialdemokrat in die Gemeindevertretung gewählt. Bis 1911 war die SPD sowohl in Zeuthen wie in Miersdorf mit je 2 Mitgliedern in der Gemeindevertretung präsent. Damit gehörte man nicht zu den „Hochburgen“ der Region: die lagen in Hoherlehme-Wildau, Deutsch Wusterhausen und Senzig, wo die SPD je drei von neun Gemeindevertretern stellte. Aber man war besser als in Königs Wusterhausen, wo die Partei seinerzeit überhaupt nicht vertreten war.
Überliefert ist, dass 1913 Paul Feiertag mit 96 zu 89 Stimmen zum Gemeindevertreter in Zeuthen gewählt wurde.

Im ersten Jahr des Bestehens führte die Zeuthener SPD 11 Mitgliederversammlungen durch, allerdings noch keine öffentliche Veranstaltung. Anders als in anderen Orten hatte die Partei in Zeuthen offenbar keine Probleme mit polizeilichen Übergriffen oder Versammlungslokalen. in Miersdorf stand ein Lokal, in Zeuthen vier zur Verfügung, dazu kam „Hankels Ablage“.

Die Bildungsarbeit lief schleppend an. Für 1913/14 sind zwei Einzelvorträge mit insgesamt 63 Teilnehmern verzeichnet. Zum guten Ton der SPD-Wahlvereine gehörte es seinerzeit, eine eigene Bibliothek zu führen. Eichwalde war mit über 400 Bänden die größte in der Region. Zeuthen verzeichnete bereits 1913 210 Bände und ließ Königs Wusterhausen (83 Bände) und Mittenwalde (6 Bände) weit hinter sich.

Die Lektüre sozialdemokratischer Zeitungen war über die Mitgliedschaft hinaus verbreitet. Die Tageszeitung „Vorwärts“ hatte 1913 in Zeuthen 72 Abonnenten, die von Clara Zetkin herausgegebene Frauenzeitung „Gleichheit“ hatte nur eine Abonnentin, die Satirezeitschrift „Der wahre Jakob“ aber 35. Die Märkische Volksstimme hatte nur in Motzen zwei und in Senzig einen Abonnenten.

So war die Zeuthener SPD vor 100 Jahren gut organisiert und ist es noch heute. Die Mitgliederzahl liegt 2012 über der von damals – was bei weitem nicht alle Ortsvereine der SPD von sich behaupten können. Dazu kann man dem Ortsverein nur gratulieren.


Daten zur Geschichte des SPD-Ortsvereins in Zeuthen

Gründung am 10.07.1912, Verbot 1933, Neugründung am 03.01.1990
Vorsitzende: 1912 Paul Feiertag, 1930 Arnold Röstel, 1933 Gustav Wüst, Januar bis Juni 1990 Hans-Peter Paprozki
ab Juni 1990 bis November 2014 Horst Uelze,  ab 06.11.2014 Martina Mieritz

 

Wahlergebnisse für die SPD

1. Reichstagswahl
1893: 35%, 1898: 26,7%, 1903: 44,6%, 1912: 57,4%, 1928: 30,8% (31,3% in Miersdorf)

2. Bundestagswahl
1990: 33,55% (37,35%),1994: 45,1%,1998: 44,25% (48,92%), 2002: 46,4% (48,3%), 2005: 37,58% (45,09%),  2009: 26,0% (35,0%), 2013: 22,7% (30,7%)

3. Landtagswahl
1990: 45,9%, 1994: 54,1% 1999: 37,4%, 2004: 33,24% (33,14%), 2009 : 37,6% WB: 77,6%  2014: 25,8% (29,6%) WB: 58,3%

4. Wahl zur Gemeindevertretung (ab 1990)
1990: 37,5%, 1993: 22,8%, 1998: 30,55%, 2003: 21,74%, 2008: 25,2%, 2014: 26,5%

Mitgliederentwicklung:
1990: 24, 1993: 27, 1995: 32, 1997: 35, 1998: 44, 2000: 46, 2002: 48, 2003: 50, 2004: 48
2006: 55, 2007: 54, 2008: 55, 2009: 57, 2010:60, 2012: 62, 2014: 64